
Schnell werden die notwendigen Dinge erledigt. Der Wind für das Ijsselmeer ist mit 4-5bft angesagt. Bei unserem Freund und Berufskapitän Paul, den wir beim Werft-Aufenthalt mit unserem Urlauberschiff Störtebeker in der Schiffswerft Barth kennen lernten, frag ich noch schnell per WhatsApp bis zu welcher Windgeschwindigkeit er mit dem Bakdekker auf offenes Gewässer fahren würde.
Paul schreibt:
"Moin Tilo,
Ich würde wahrscheinlich bis ca. 6bft fahren, rate euch aber zur Vorsicht. Auf so einem Gewässer baut sich eine kurze steile Hackwelle auf, die sehr ungemütlich werden kann.
Gruß Paul"
Für uns heißt das: Leinen los!
Gute 45 Minuten fahren wir in einer unglaublich schönen Morgenstimmung über die Vecht bis zu großen Schleuse in Muiren, die wir zügig passieren können.
Vorbei an einem mahnenden Wrack - was soll uns das sagen? - fahren wir hinaus auf das IJsselmeer, der Sonne entgegen.
Andrea sitzt draußen auf dem Backdeck und schießt tolle Fotos von aufsteigen Kormorane. Außer uns, kein Schiff, weit und breit.
Der Wind bläst schräg vorderlich auf Steuerbord und ist gut handelbar, auch wenn der Kornuit sich in zünftigen Seegang wiegt.
Jede Welle drückt den Kornuit aus dem Kurs und drängt zum Querschlagen.
Breitbeinig stehe ich am Ruder, mit voller Konzentration und alle Hände voll zu tun, den Kornuit in der Welle zu halten. Klar ist, dieses Schiff wurde nicht für diese Verhältnisse gebaut.
Andrea steht inzwischen auf dem Achterdeck und klammerte sich an unsere Plane, welche samt Unterkonstruktion abzuheben droht. Das betonnte Fahrwasser ist so nicht zu halten, wir drifteten gegen Land ab. Gut, dann müssen wir im Notfall nicht so weit schwimmen.
Die Hafeneinfahrt von Almere liegt hinter eine Landzunge. Vor der Landzunge zeigt die Karte einen kleinen Seeglerhafen. Nun muss ich entscheiden, schaffen wir es an der Landzunge vorbei? Oder nehmen wir den möglicherweise sichereren Seeglerhafen? Nur wie sollen wir von dort wegkommen? Kurzum, wir halten Kurs auf Almere.
Und es scheint zu klappen. Auf den letzten 500m tauchen noch Holzstäbe vor Land auf, die Hindernisse markieren sollen. Diese hätten wir abklatschen können, so knapp sind wir daran vorbeigeschaukelt.
Und dann ist sie da, die rote Boje der Hafeneinfahrt. Eine Wende hart Backboard und wir sind im sicheren Hafenbecken von Almere. Das Festmachen unter Wind hatten wir ja bereits ausgiebig geübt.
Die Erleichterung ist groß, als der Bakdekker fest am Steg im Hafen von Almere liegt. Das hätte auch gründlich Schief gehen können. Nur Mila unsere Bootshündin war bei all dem Geschaukelt vollsten Vertrauens und auf Ihrem Platz im Steuerstand entspannt am poofen.
Nach eine Kaffeepause geht es dann weiter durch die Schleuse, schließlich müssen wir noch einige Kilometer fahren, um wieder in den Tourenplan zu kommen.
Die nun folgenden Kanäle sind das pure Kontrast- und Entspannungsprogramm.
Kilometer lang geht es gerade aus, hin und wieder eine Brücke, oder eine leichte Kurve und insgesamt 2 Booten denen wir begegnen.
4 Stunden später erreichen wir den Jachthafen Biddinghuizen.
Der Hafenmeister ist schon weg und das Tor ist abgeschlossen. Wir kommen also nicht vom Geländer runter. Seis drum, wir haben heute schon genug erlebt. Dafür können wir duschen und auch einen Stromanschluss und damit etwas warmes zu essen gibt es.
Durch die Nacht begleitet uns ein eher dissonantes Privatkonzert der Blesshühner.
Am nächsten Tag soll es wieder früh weiter gehen, Richtung Zwolle. Für Übermorgen ist Sturm angesagt und wir müssen noch einmal raus aufs offene Gewässer.